Karin Huber-Heim
Leitung Circular Economy Systems, BCSSS
Die Transformation unseres Wirtschaftssystems zu Kreislaufgeschäftsmodellen gilt als einer der größten Hebel zur Erreichung der Sustainable Development Goals und trägt zu Klimazielen und der Schaffung von Arbeitsplätzen bei.
Der Green Deal der neuen EU Kommission und die daraus zu erwartenden gesetzlichen Regulierungen machen klar, dass es ab jetzt um mehr geht als um die Effizienz von Materialströmen und Abfallmanagement. Insbesondere in Wirtschaftsnationen wie Österreich konsumiert die Bevölkerung gegenwärtig mehr Ressourcen als die Ökosysteme bereitstellen können. Die Art und Weise, wie unsere Gesellschaft Güter produziert und konsumiert, muss sich daher grundlegend verändern. Die EU Kommission sieht in ihrer Kreis- laufstrategie aber nicht nur die Möglichkeit, europäische Abhängigkeiten von politisch instabilen Regionen im Rohstoffbereich zu reduzieren, sondern auch Chancen und Potenziale zur Erreichung der Klimaziele bei gleichzeitiger Stärkung des Wirtschaftsstandortes. So können innovative Geschäftsmodelle und die Schaffung neuer Arbeitsplätze wie etwa in Service- und Reparaturkreisläufen auch die Folgen der Digitalisierung mildern.
Nachhaltigkeit als Startvorteil
Ein Systemwandel unseres Wirtschaftens erfordert das Zusammenwirken von Wirtschaft, Wissenschaft, Forschung, Bildung, Design und Politik. Es braucht technologische Innovation ebenso wie neue Geschäfts- und Finanzierungsmodelle und gesetzliche Rahmenbedingun- gen. Die Produkt-Orientierung wird künftig einer starken Service-Orientierung Platz machen, welche zweifellos willkommene ökonomische Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort haben werden. Unternehmen, die bereits heute Innovation und Nachhaltigkeit verbinden, verfügen bereits über einen wichtigen Startvorteil für die Umsetzung des geforderten Wandels.
Aufklärungsbedarf für die BürgerInnen
Eine systemische Betrachtungsweise ist hierfür unbedingt notwendig, da es nicht ausreichend zur Transformation des Gesamtwirtschaftssystems beiträgt, wenn Unternehmen nur ihre eigenen Material- oder Produktkreisläufe schließen. Um die weniger energieintensiven und damit wesentlich klima- freundlicheren Kreisläufe für Wiederverwendung, Reparatur, Umbau, Wiederaufbereitung schaffen und beleben zu können, ist es von größter Wichtigkeit, dass unterschiedliche Akteure gleichzeitig ansetzen: so muss die Politik durch die Schaffung eines rechtlichen Rahmens für innovative Material- oder Produktlösungen oder auch neuartige Service-Geschäftsmodelle ebenso aktiv werden, wie Unternehmen kollaborative Innovationen gemeinsam mit Wissenschaft und Forschung sowie MarktteilnehmerInnen entlang von Wertschöpfungsketten vorantreiben müssen. Dabei dürfen BürgerInnen ebenso wie KonsumentInnen nicht vergessen werden, denn auch auf sie werden Änderungen des Nutzungsverhaltens für Wiederverwendung, Wiederbefüllung, Reparatur oder Entsorgung zukommen. Dies verlangt nach Aufklärung und Information, aber ebenso nach Anreizsystemen, um rasch zu mehr klimafreundlichem Konsum in Industrieländern wie Österreich zu kommen.