„Frei handelt, wer sozial verantwortlich handelt“, so lautet der verheißungsvolle Grundtenor gegenwärtiger Nachhaltigkeitsbewegungen, die angesichts der Krisen unserer Zeit – vom Hunger bis zum Klima – Anlass geben, über das Verhältnis von individueller Freiheit und sozialer Verantwortung, von der niemand ausgenommen ist, neu nachzudenken.
Dr. Ramona Kordesch
Direktorin für Internationale Kooperationen & Entwicklung Österreichischer Rat für Nachhaltige Entwicklung
Dr. Markus Bürger
Generalsekretär Österreichischer Rat für Nachhaltige Entwicklung
Soziale Verantwortung steht für einen voraussehenden, nicht unbedingt, aber doch mehrheitlich politischen Umgang mit den gesellschaftlich-sozialen und ökologischen Problemthemen unserer Zeit. Dies mit dem Ziel der Verwirklichung allgemein-gesellschaftlicher Interessen, die auf das Gemeinwohl ausgerichtet sind. Damit möglichst viele Freiheiten für alle garantiert werden können, müssen vernünftige Grenzen der eigenen Freiheit existieren. Die Gewährleistung der Freiheit von jedermann/-frau, das eigene Leben ohne Furcht vor Repressalien gestalten zu können und anderen dieselbe Möglichkeit einzuräumen, ist dabei eine wesentliche Qualität sozialer Verantwortung.
Individuelle Freiheit ist aber angesichts der sozialen und ökologischen Krisen unserer Zeit auch an die Verantwortung für ihren sozial und ökologisch nachhaltigen Gebrauch gebunden. Praktische Vernunft und Selbstverpflichtung bilden dabei nicht den Gegensatz zur persönlichen Freiheit, sondern präsentieren sie im Gewand der sozialen Verantwortung erst im rechten Licht.
Gegenwärtige Entwicklungen zeigen, dass neben der Politik und der Zivilgesellschaft auch die Wirtschaft dazu aufgerufen ist, als Träger sozialer Verantwortung zu agieren. So haben sich in den letzten Jahren aus Nachhaltigkeitsbewegungen zahlreiche Multistakeholder-Gremien gebildet, die Wirtschaftsakteure nicht zum Verursacher der Probleme degradieren, sondern zum Teil ihrer Lösungen klassifizieren. Ein Beispiel in Österreich und Deutschland ist die Allianz für Entwicklung und Klima, die unternehmerische Selbstverpflichtung hinsichtlich der Erreichung von Klimaneutralität fordert und fördert. So erweisen sich Freiheit und Verantwortung als zwei Seiten einer Medaille.
Was bleibt nun übrig von der Freiheit bei aller Verantwortung?
In Zusammenschau wird klar: Individuelle und unternehmerische Freiheit sind konsequent an die Herausforderung gesellschaftlicher Integrität gebunden. Ganz eindeutig ist die Gewährleistung einer solchen Aufgabe guter, umsichtiger Führung in Wirtschaft und Gesellschaft. Wirksame Erfolge, die die Lebens- und Umweltbedingungen für die gesamte Schöpfung verbessern, sind aber keine Egotrips, sondern Gemeinschaftsleistungen des kollektiven sozialen Gewissens – jener letzten Berufungsinstanz solidarischer Gesinnung, von der man sagt, sie weise auf eine größere als die eigene Freiheit hin als Zielbestimmung allen guten Lebens und sinnvollen Wirtschaftens.